Menschen mit Rheuma spüren keine Besserung ihrer Beschwerden

Wunderarmbänder ohne Wirkung

von Holger Westermann

Kupfer- und Magnetarmbänder sind bei Rheuma-Patienten beliebt, denn die Hersteller versprechen wundersame Wirkung bei Schmerzen und Gelenkentzündung. Direkt vom Handgelenk aus sollen Finger und Handwurzel, die bei Rheuma am häufigsten betroffenen Gelenke, profitieren. Eine nach medizinisch wissenschaftlichem Standard durchgeführte Studie (Doppelblind-Studie) stellt diese vollmundigen Wirkversprechen nun in Frage.

Die nach Herstellerangaben sicherste und nebenwirkungsärmste Therapie (abgesehen von möglichen allergischen Reaktionen auf Kupfer) zeigt leider auch keine Hauptwirkung, so lässt sich das Ergebnis der aufwändigen Studie der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Stewart Richmond von der University of York (Großbritannien) zusammenfassen.

Untersucht wurde die Wirksamkeit von Magnet- und Kupferarmbändern an 70 Patienten mit rheumatoider Arthritis in vier Testdurchläufen:

  • Starker Magnet (2.200 Gauss)
  • Schwacher Magnet (300 Gauss)
  • Demagnetisierter Magnet (0 Gauss, Placebo)
  • Kupfer


Die Reihenfolge in der die einzelnen Armbänder getragen wurden, waren den Patienten und den betreuenden Ärzten unbekannt. Jedes Armband wurde von jedem Patienten jeweils fünf Wochen durchschnittlich 16 Stunden täglich getragen. Sieben Patienten klagten beim Kupferarmband über Hautreizungen, Kopfschmerzen und einen metallischen Geschmack im Mund. Bei jedem Armbandwechsel wurde eine Ruhezeit von einer Woche eingelegt, um mögliche Überschneidungseffekte auszuschließen.

Die Patienten konnten bei der Beschreibung der empfundenen Wirksamkeit auf den allgemeinen Erkrankungsstatus nicht zwischen vermeintlich wirksamem und Placeboarmband unterscheiden. Auch bei der konkreten Frage nach den Gelenkschmerzen zeigte sich kein Einfluss. In den regelmäßigen Untersuchungen durch die betreuenden Ärzte konnte kein Unterschied bei den Gelenkschwellungen, den Gelenkschmerzen und bei der Bewegungsbeeinträchtigung festgestellt werden. Auch bei den Blutuntersuchungen ergab sich kein Effekt, weder beim Entzündungsfaktor CRP (C-reaktive Protein) noch bei der Plasmaviskosität (abhängig von der Konzentration der Proteine im Blutplasma).

Die Ergebnisse der Studie decken sich mit den Resultaten einer älteren Untersuchung aus dem Jahr 2006. Die amerikanischen Forscherkollegen Prof. Dr. Leonard Finegold und Prof. Dr. Bruce Flamm weisen in ihrem Fazit darauf hin, dass bei einer Untersuchung mit Magnetresonanztomografie (MRT) deutlich stärkere Magnetfelder auf den Körper wirken, ohne einen dauerhaft wirksamen Effekt auf Gewebe und Gelenke auszuüben. Die winzigen Magnetfelder der Armbänder müssten daher auch bei dauerhaftem Einsatz wirkungslos bleiben.

Ähnlich argumentieren auch die Autoren der aktuellen Studie. Sie halten einen rheuma-spezifischen Placeboeffekt für die Ursache der großen Beliebtheit dieser Armbänder. Der typische Krankheitsverlauf in Schüben bringt die Patienten dazu, in einer Krise auch zu seltsamen Heilmitteln zu greifen. Da jeder Schub auch einmal endet, stellt sich just zu dem Zeitpunkt, wenn das neue Armband einige Tage getragen wurde, eine Besserung der Krankheitsbelastung ein. Wenn Schmerzen nachlassen und Schwellungen schwinden fällt es leicht, an die Wirksamkeit der oft kostspieligen Neuerwerbung zu glauben. Psychologisch wird so das finanzielle Engagement als gerechtfertigt empfunden. Die Hersteller der Hilfsmittel kennen den Effekt offensichtlich schon länger.

Quellen:

Finegold, L.; Flamm, B.L. (2006): Magnet therapy. BMJ 332(7532): 4. doi: 10.1136/bmj.332.7532.4

Richmond, S.J. et al. (2013): Copper Bracelets and Magnetic Wrist Straps for Rheumatoid Arthritis – Analgesic and Anti-Inflammatory Effects: A Randomised Double-Blind Placebo Controlled Crossover Trial. PLoS ONE 8(9): e71529. doi:10.1371/journal.pone.0071529

Erstellt am 25. September 2013
Zuletzt aktualisiert am 25. September 2013

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