Beim Hautarzt, in der Notaufnahme und bei der Auswertung von CT-Bilder

Künstliche Intelligenz (KI) unterstützt Ärzte bei der Diagnose

von Holger Westermann

Das Konzept der KI (im Englischen treffender als Artificial Intelligence bezeichnet) ist in der aktuell populären Version auf die Komposition von Texten optimiert. In der medizinische Diagnostik werden andere Qualitäten gefordert. Doch schon heute liefern solche Anwendungen erstaunlich kompetente Unterstützung.

Schon die aktuelle Version 4 lehrt das KI-Textprogramm ChatGPT die Lehrer an Schule und Hochschule das Fürchten. Seit Jahrhunderten vertraute Prüfungsverfahren verloren ihre examinatorische Relevanz. Wie soll man Noten vergeben, wenn GFS (Gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen - wer kommt auf so einen Begriff?) oder Seminararbeit in wenigen Minuten von einer Software durch umfangreiche Quellenauswertung komponiert werden? Schüler und Studenten sind da sehr viel gnädiger in ihrer Bewertung dieses technologischen Fortschritts.

In der Medizin erhofft man sich vorrangig und kurzfristig KI-Unterstützung bei der Diagnostik. Vorreiter ist die dermatologische Untersuchung auf Hautverändeurngen und Hautkrebs. Hier sind die Diagnose-Apps bereits marktreif und haben sich in Studien bewährt. Die KI-gestützte Bildanalyse (Foto oder Video vom Mobiltelefon) erkannte unterschiedliche Typen von Hautkrebs mit einer Sicherheit von 60 bis über 90%. Durch diese Vorauswahl verbesserte sich die nachfolgende Diagnose der Ärzte deutlich.

In einer kleinen Studie niederländischer Forscher an 30 Beispieldiagnosen übertraf der KI-Chatbot sogar die Analyse der Ärzte. Die Software konnte auf anonymisierte Patientendaten, die Daten der Labortests und die Beobachtungsprotokolle zugreifen, um eine Diagnose zu stellen. Diese Ergebnisse verglichen die Forscher mit den Diagnosen der Ärzte. Die Menschen lagen zu 87% richtig; die KI-Software nannte zu 97% die korrekte Diagnose. Jedoch als eine von drei Alternativvorschlägen. „Einfach ausgedrückt bedeutet dies, dass Chat-GPT in der Lage war, medi­zinische Diagnosen vorzuschlagen, ähnlich wie es ein menschlicher Arzt tun würde“, erläutern die Forscher das Ergebnis. Dies bedeutet nun nicht, dass übermorgen eine Software die Erstbeurteilung in der Notaufnahme übernimmt. Jedoch können Ärzte gerade in solchen stressträchtigen Situation entlastet werden - und so kann es gelingen Fehler aufgrund von Konzentrationsproblemen zu vermeiden.

Besonders effizient ist diese Unterstützung, wenn die Diagnose unter Zeitdruck gestellt werden muss. Nach einem Schlaganfall zählt bei der Interpretation von Computertomografiebilddaten (CT)-jede Minute. Ein Team des Universitдätsklinikums Heidelberg (UKHD), des Deutschen Krebsforschungszent­rums (DKFZ) und des Universitätsklinikums Bonn (UKB) stellten jetzt eine Software vor, mit der die CT-Bilddaten schnell und mit hoher Zuverlässigkeit ausgewertet werden können, um Gefäßverschlüsse im Gehirn zu lokalisieren. Die KI-Software wurde an über 1.000 Übungsfällen trainiert und hat sich inzwischen in einer 6-monatigen Testphase an 3 Partnerkliniken des Schlaganfallkonsortiums Rhein-Neckar (FAST) und am UKB bewährt.

Im Gegensatz zu anderen KI-Anwendungen wurde diese Software speziell für die medizinische Anwendung programmiert. „Unser Algorithmus zeigte sich im Vergleich zu kommerziellen KI-Produkten deutlich genauer. Darüber hinaus ist der negative Vorhersagewert, also dass bei Ausschluss eines Gefäßverschlusses durch den Algorithmus die Vorhersage tatsächlich korrekt ist, mit bis zu 97 % schon sehr gut“, erklären die Forscher in ihrem Fazit mit Ausblick. Für Forschungszwecke kann das Programm kostenfrei vom DKFZ heruntergeladen werden. Die Zukunft der KI-gestützen Diagnostik hat bereits begonnen.

Quellen:

Barata, C. et al. (2023): A reinforcement learning model for AI-based decision support in skin cancer. Nature Medicine 29: 1941 – 1946. DOI: 10.1038/s41591-023-02475-5

Bradshaw, J.C. (2023): The ChatGPT Era: Artificial Intelligence in Emergency Medicine. Annals of Emergency Medicine 81 (6): P764-765. DOI: 10.1016/j.annemergmed.2023.01.022

Brugnara, G. et al. (2023): Deep-learning based detection of vessel occlusions on CT-angiography in patients with suspected acute ischemic stroke. Nature Communications 14: 4938 DOI: 10.1038/s41467-023-40564-8).

Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) (2023): Deep-learning based detection of vessel occlusions on CT-angiography in patients with suspected acute ischemic stroke.

Erstellt am 26. September 2023
Zuletzt aktualisiert am 26. September 2023

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