Wetter
Sommerliche Kaltfrontokklusion bringt Starkregen und Gewitter
Mitteleuropa erlebte gestern, wie die Kaltfront eines Tiefdruckgebiets die vorauseilende Warmfront einholte. Meteorologen sprechen von einer Okklusion, Menschen die in diesem Bereich wohnen von Gewittern, Starkregen, überfluteten Straßen und vollgelaufenen Kellern. Zumeist wird es danach spürbar kühler. Solche sommerlichen Kaltfrontokklusionen sind nach einer längeren Hochdruck-Episode keine Seltenheit. Sie sind ein Ziechen dafür, dass wieder ein wenig Dynamik in die Atmosphäre zurückkehrt.
In einem Tiefdruckgebiet (Zyklon) strömt die Luft entgegen dem Uhrzeigersinn (zyklonal) um das Druckminimum, das Zentrum des Tiefs. Es gibt also eine Vorder- und eine Rückseite der im Tief zirkulierenden Luftmassen. Die Luftmassen im Tief gliedern sich in die erste Luftmassengrenze, die Warmfront. Dort gleitet warme und damit relativ leichte Luft auf kühlere und damit schwerer Luft auf. Dabei wird sie angehoben, gelangt in höhere Atmosphäreschichten und kühlt dabei ab. Je nachdem wieviel Wasserdampf die angehobene Warmluft enthält, kondensiert die Feuchtigkeit aus und es beginnt zu regnen. Der Warmfront folgt der Warmsektor. Dort fällt meist kein weiterer Niederschlag, aber die Luft ist relativ warm und feucht (je nach Jahreszeit), im Sommer auch schwül, es können sich auch Wärmegewitter bilden. Den Abschluss des Warmsektors bildet die heranstürmende Kaltfront. Spürbar kühlere Luft schiebt sich unter die Warmluft, hebt sie an und provoziert ergiebigen Regen, gelegentlich auch Frontgewitter.
Zumeist ist die Kaltfront deutlich schneller als die Warmfront, der Warmsektor wird schmaler, schließlich verschwindet er. Hat die Kaltfront die Warmfront eingeholt, sprechen Meteorologen von einer Okklusion. Zuerst sind die Fronten nahe dem Tiefdruckzentrum betroffen, später die der Peripherie. Deshalb sind die Okklusionseffekte im Zentrum des Tiefs oft gering ausgeprägt, nehmen im mittleren Bereich zu (oft heftige Stürme) um im Randbereich wieder abzuklingen.
Im Winter ist die kontinentale Kaltluft vor der Warmfront eines von Westen heranziehenden Tiefs oft kälter als die atlantikwarme Luft hinter der Kaltfront. Am Okklusionspunkt schiebt sich dann die Luft der Kaltfront wie eine Warmfront auf die noch kältere Kontinentalluft. Es entstehen weitere Quellwolken. Vom Boden aus betrachtet ändert sich das Wetter bei der Warmfrontokklusion kaum, es bleibt regnerisch.
Im Sommer ist dagegen die Luft hinter der Kaltfront stets kälter und damit schwerer als die Kontinentalluft vor der Warmfront. Herrschte zuvor eine stabile Hochdrucklage, kann der Temperaturunterschied sehr drastisch ausfallen, entsprechend spektakulär ist dann auch der Okklusionseffekt. Durch die Kaltfrontokklusion werden beide Luftmassen, die des Warmsektors und die davor liegende warme oder gar heiße Kontinentalluft angehoben. Große Mengen sehr feuchter Luft erreichen schnell hohe Atmosphäreschichten und kühlen dabei ab. Je kälter die Umgebung der feuchtwarmen Luft ist, um so mehr Wasserdampf kondensiert, es regnet – oft bilden sich auch sommertypische Frontgewitter.
Genau dieses Szenario spielt sich derzeit über Mitteleuropa ab, heftige Niederschläge markieren die aktuelle Lage des Okklusionspunktes. Mancherorts regnete es kaum, andernorts konzentrierten Gewitter sich die Regenfälle ganzer Landstriche. Am Luvhang (dem Wind zugewandte Seite) der schwäbischen Alb verstärkte das Bodenprofil die Hebewirkung der heranziehenden Kaltfront. Dort ergossen sich in zwei Stunden über 100 l/m2 Regen, davon mehr als 20 l/m2 in nur 10 Minuten. Aufgrund der durchschnittlichen Regenmenge der letzten Jahre wurden für den gesamten Juli etwa 80 l/m2 erwartet, dieser Sollwert war innerhalb von anderthalb Stunden übertroffen.
In den kommenden Tagen bestimmt schwüle Hitze mit einzelnen unwetterartigen Gewittern das Wetter in Mitteleuropa. Für wetterempfindliche Menschen können die Maximalwerte der gefühlten Temperatur ein kritisches Niveau erreichen (vereinzelt werden Werte über 40°C erwartet). Aktivitäten im Freien sollten auf den frühen Morgen gelegt werden, dann ist die Schwüle noch nicht allzu drückend. Insbesondere Innenstädte, in denen sich die Strahlungswärme der Sonne durch Reflexion an den Hauswände verstärkt und der schwache Wind kaum Luftaustausch und Kühlung bewirkt, sind als Aufenthaltsort mit einem hohen Gesundheitsrisiko verbunden.
Quellen: Dipl.-Met. Peter Hartmann: Eine Front wie ein Schweizer Käse. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 25.07.2013
Erstellt am 25. Juli 2013
Zuletzt aktualisiert am 25. Juli 2013

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