Osmotisches Phänomen lässt die Allergenbelastung nach einem Gewitter ansteigen
Allergische Atemnot nach kühlendem Sommerregen
Ein Sommergewitter reinigt die Luft, Staub und Pollen werden ausgewaschen – so die weit verbreitete Meinung unter Patienten mit Atemwegserkrankungen und vielen Ärzten. Auf den ersten Blick ist diese Beobachtung auch korrekt, dennoch häufen sich gerade nach Gewitterregen Asthmaanfälle und allergische Reaktionen, die im Krankenhaus behandelt werden müssen. Denn nicht die Pollen selbst lösen die hypersensible Reaktion aus, sondern die darin enthaltenen Allergene. Gerade unter den atmosphärischen Bedingungen eines Gewitters platzen die Pollen auf und setzen diese Allergene in großer Menge frei.
Prof. Dr. Gennaro D’Amato (Universitätsklinik Neapel, Italien) und seine Kollegen stellten in einer aktuellen Forschungsarbeit fest, dass der Effekt bei einem heftigen Gewitterregen nach langer Trockenzeit besonders deutlich auftritt. Die trockenen Pollenkörner quellen in der feuchten Umgebung auf und werden durch den Regen aus großer Höhe auf Bodennähe befördert, platzen dort und entlassen so eine hohe Konzentration an Allergenen, die vom Wind umher gewirbelt und von Menschen auf der Straße eingeatmet werden. „Außerdem sind die Allergene aus den aufgebrochenen Pollenkörnern viel kleiner als der Pollen an sich – und damit auch lungengängiger“, erläutert Prof. Dr. Dieter Köhler vom wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und ehemaliger Ärztlicher Direktor der Lungenfachklinik Kloster Grafschaft im nordrheinwestfälischen Schmallenberg.
Deshalb entwickelt sich unmittelbar nach heftigen Sommergewittern eine besonders starke Allergenbelastung, die bei Menschen mit Atemwegserkrankungen zu stärkeren Beschwerden und einer Exazerbation der Symptome führen kann. Der positive Effekt der frisch gewaschenen Luft stellt sich erst ein, wenn die Allergene nicht mehr frei herum schweben. „Wer von einem Sommergewitter mit starkem Regen überrascht wird, sollte seine Atemwege schützen, indem er über ein Tuch durch die Nase einatmet und über den Mund ohne Tuch ausatmet, und dann am besten schnell in ein Gebäude oder Auto flüchtet, um - geschützt vor dem Allergen freisetzenden Regen - das Gewitter mindestens eine halbe Stunde abzuwarten“, rät Prof. Köhler.
Natürlich gilt dieser Rat auch allen Pollenallergikern, die lediglich unter einer allergischen Rhinitis leiden. Auch bei ihnen kann dieser Pollenplatzeffekt die Symptome verschlimmern und möglicherweise auch Atemnotanfälle auslösen. „Daher sollte man nicht nur Asthmatiker sondern auch Pollenallergiker vor den möglichen Risiken bei Unwettern warnen und ihnen raten, bei herannahenden Gewittern lieber im Haus zu bleiben und die Fenster zu schließen“, empfiehlt der DGP-Experte den Heuschnupfengeplagten.
Quellen: D’Amato, D. et al. (2013): Climate change, air pollution and extreme events leading to increasing prevalence of allergic respiratory diseases. Multidisciplinary Respiratory Medicine 8(1): 12. doi: 10.1186/2049-6958-8-12 Schwere Regenfälle bei Gewitter können Atemnotanfälle verursachen. Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) vom 18.07.2013
Erstellt am 20. Juli 2013
Zuletzt aktualisiert am 20. Juli 2013

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