Grad der Depressivität bestimmt Nikotinaffinität und Schmerzempfindlichkeit
Raucher reagieren besonders sensibel auf Schmerzen
Oder gibt es eine übergeordnete Kausalität, die beides bewirkt: die gesteigerte Schmerzempfindlichkeit und die Neigung zum Zigarettenrauchen? Dieser Frage ist ein Forscherteam der University of Michigan (USA) nachgegangen. Dabei erkannten sie die Neigung zu Depression als möglichen Auslöser für beide Gesundheits-Beeinträchtigungen, das Rauchen und die Schmerzsensibilität.
Es gilt unter Medizinern als unwahrscheinlich, dass Zigarettenrauchen sich direkt über eine physiologischen Mechanismus auf das Schmerzempfinden auswirkt. Dennoch gibt es eine Vielzahl von wissenschaftlichen Studien, die eine solchen Zusammenhang belegen, Raucher sind wehleidiger als Nichtraucher oder Nichtmehrraucher. Die Forscher um Frau Dr. Jenne Goesling befragten 426 Schmerzpatienten zur emotionalen und funktionalen Beeinträchtigung durch ihre Schmerzen sowie zu ihrem Zigarettenkonsum (32,9% Raucher, 31,7% ehemalige Raucher, 35,7% Nichtraucher). Erwartungsgemäß zeigte sich ein sehr enger Zusammenhang zwischen der Intensität des Schmerzempfindens und dem Raucherstatus. Die Rangreihe der Schmerzsensibilität Raucher > Ehemalige Raucher > Nichtraucher war durchweg stabil, gleichgültig welcher zusätzliche Parameter mit untersucht wurde: Alter, Geschlecht, Ausbildung, sozialer Status.
Mit einem standardisierten Fragebogen wurde auch die Neigung zu Depression der Patienten erhoben. Wurde die so ermittelte Depressivität als Zusatzfaktor der Zigarettenkonsum-Schmerzempfindlichkeit-Analyse untersucht, verschwanden alle statistischen Zusammenhänge. Für die Forscher ist die ein Indiz, dass nicht das Rauchen die Schmerzwahrnehmung beeinflusst, sondern dass die Neigung zu Depression gleichermaßen auf die beiden Gesundheits-Beeinträchtigungen wirkt.
Dieser Erklärungsansatz ist aus mehreren Gründen plausibel:
- Depression tritt bei Rauchern und bei Schmerzpatienten überdurchschnittlich häufig auf.
- Nikotinabhängige zeigen oft eine Neigung zu Depression
- Nikotin stimuliert Wohlbefinden, Schmerzpatienten könnten dies zur Dämpfung der Schmerzen nutzen, eine Form der niederschwelligen Selbstmedikation
- Chronischer Schmerz bedeutet seelischen und körperlichen Stress, Nikotin hilft subjektiv bei der Stressbewältigung, Menschen mit hoher Neigung zu Depression sind in geringerem Umfang stressresistent
Trotz dieser Plausibilität scheuen sich die Autoren der Studie einen kausalen Zusammenhang zwischen Depression auf der einen und Zigarettenkonsum sowie Schmerzsensibilität auf der anderen Seite festzustellen. Sie bezeichnen die Depression als wichtigen vermittelnden Faktor der „eine mögliche Erklärung für die Assoziation zwischen Raucherstatus und Schmerzempfinden“ sei.
Quellen: Goesling, J. et al. (2012): Cigarette smoking an pain: depressive symptomsmediate smoking-related pain symptoms. Pain 153 (8): 1749-1754 Mendelsohn, C. (2012): Smoking an depression – a review. Australian Family Physician 41 (5): 304-307
Erstellt am 23. Januar 2013
Zuletzt aktualisiert am 21. März 2013

Unterstützen Sie Menschenswetter!
Die Höhe des Beitrags liegt in Ihrem Ermessen.
Zwischenfrühling
Sonnenschein, Wärme an langen lichten Tage dieser Frühlingsdreiklang lockt hierzulande in den kommenden Tagen ins Freie. Das nasskalte Wetter weicht angenehmer Witterung. Für die Mehrzahl wetterempfindlicher Menschen eine Wohltat - leider wird auch der Pollenflug stimuliert. weiterlesen...
Beschleunigte Alterung der Gehirne erwachsener Frauen nach traumatiesierender Erfahrung in der Kindheit
Erleiden Mädchen emotionale, sexuelle oder physische Gewalt, müssen sie als Frauen mit einem höheren Risiko für Depressionen, Angststörungen, Fibromyalgie, Herzkreislauf - und Stoffwechselerkrankungen leben. Forscher der Charité Berlin haben nun einen weiteren neurologischen Effekt erkannt. weiterlesen...
Schon wenig Rotwein kann massive Kopfschmerzen auslösen
Reichlich Rotwein am Abend kann morgens Kopfschmerz provozieren. Manchen Menschen leiden jedoch schon nach einem kleinen Glas oder gar einem Probierschluck Rotwein und rasch anflutenden Kopfschmerzen - nicht erst nach Stunden im alkoholvertieftem Komaschlaf, sondern unmittelbar anschließend bei hellwachem Bewusstsein. weiterlesen...
Impfsaison 2023/2024 für Menschen mit Atemwegserkrankungen
Robert-Koch-Institut (RKI) und Ständige Impfkommission (STIKO) empfehlen Menschen mit Asthma und COPD frühzeitige Impfung gegen Grippe (Influenza) und neue Corona-Varianten sowie eine Überprüfung des Pneumokokken-Schutzes zur Vorbeugung einer Lungenentzündung. Gerade in der jetzt beginnenden kalten Jahreszeit steigt neben Infektionen der oberen und unteren Atemwege auch das Risiko für spürbare Verschlechterung der Symptomatik von vorbestehenden Lungenerkrankungen. weiterlesen...
Künstliche Intelligenz (KI) unterstützt Ärzte bei der Diagnose
Das Konzept der KI (im Englischen treffender als Artificial Intelligence bezeichnet) ist in der aktuell populären Version auf die Komposition von Texten optimiert. In der medizinische Diagnostik werden andere Qualitäten gefordert. Doch schon heute liefern solche Anwendungen erstaunlich kompetente Unterstützung. weiterlesen...
Wetterwechsel provoziert Migräneattacken
Befragt man Menschen, die unter Migräne leiden, werden zuverlässig bestimmte Wetterlagen oder eine besonders dynamische Veränderung des Wetters als Auslöser von Schmerzattacken genannt. Deshalb wurde dieser besondere Umwelt-Trigger schon vielfach untersucht. Neue Studien zeigen, dass es nicht die Wetterlage ist, die Schmerzattacken auslöst. weiterlesen...