Wetter

Die Schneeliegenbleibgrenze

von Holger Westermann

Zumeist fällt Niederschlag als Schnee aus den Wolken. Werden dabei warme Luftschichten über 0°C durchquert schmilzt der Schnee und es regnet. Nur wenn die Luft durchgängig unter 0°C kalt ist kann es schneien. Wegen der großen Bedeutung bodennaher Luftschichten (abhängig von Bodenbeschaffenheit und Bodenprofil) auf diesen Effekt lässt sich die Schneefallgrenze nur bis auf +/- 150 m genau vorhersagen. Für Wintersportler, Autofahrer und Hausbesitzer oder -meister ein wichtiger Wert. Die einen wollen ihre Freizeit oder die Reisedauer planen, die anderen müssen sich aufs Schneeschippen einstellen. Doch nur der liegengebliebene Schnee bereitet Vergnügen und Verdruss. Deshalb ist es viel interessanter, ob die weiße Pracht auch liegen bleibt und sich eine Schneedecke über die Landschaft ausbreitet. Leider ist die Vorhersage der Schneeliegenbleibgrenze noch ein wenig komplizierter als die der Schneefallgrenze.

Dabei ist die Grundregel ganz einfach: Ist der Boden bereits auf unter 0°C abgekühlt, bleibt der Schnee zuverlässig liegen. Fällt der Schnee auf eine Unterlage, die wärmer als 0°C ist, schmelzen die Flocken und entziehen dabei ihrer Umgebung Wärme. Die Unterlage und die Umgebungsluft werden kälter, bis die 0°C-Grenze erreicht ist. Das gelingt bei Autodächern schneller als bei ergiebigen Wärmespeichern wie Rasenflächen oder Asphalt. Liegt die Lufttemperatur über 5°C erreicht kein Schnee den Boden.

Kritisch wird es bei den dichten Schneeschauern mit großen Flocken, die im Frühjahr bei mehr als 0°C Lufttemperatur schnell mal 10 cm Schneehöhe bringen können. Die Unterlage kann bei der lockeren Schneeauflage gar nicht so schnell Wärme nachliefern, wie es nötig wäre, um alles zu schmelzen. In kürzester Zeit kühlt die Oberfläche auf null Grad ab und es entsteht eine Schneedecke. Erst mit Verzögerung taut die Schneeauflage und es entsteht ein recht dicke Schicht Schneematsch.

Die Regel, "Winterreifen von O(ktober) bis O(stern) aufzuziehen" gilt daher heuer (österreichisch für „in diesem Jahr“) nur mit Einschränkung. An die Auferstehung Christi wird 2013 bereits im März erinnert. Auch danach sind noch für Wochen bis ins Flachland Schneeschauer möglich. Es lohnt deshalb sicherlich die Winterreifen über Ostern hinaus zu nutzen. Schnee oder Schneematsch auf den Straßen sind für Sommerreifen eher Gleitfläche als Traktionsgrundlage. Liegt die Straße im Sonnenschein, so taut der Schnee sehr schnell weg. Asphalt ist schwarz und speichert die Strahlungswärme der Sonne, selbst wenn die Lufttemperatur noch niedrig ist. Die Schneeliegenbleibgrenze wird dadurch deutlich verzerrt.

Derzeit taut es in den deutschen Mittelgebirgen bis in die Gipfellagen. Der Feldberggipfel meldet Tageshöchttemperaturen von +6°C und Sonnenschein. In Deutschland und Österreich ist die Schneeliegenbleibgrenze in die Hochlagen der Alpen geklettert. Dort kann es aber durchaus ergiebig schneien und so beste Voraussetzungen für aktiven Wintersport schaffen. Alexander Ohms, von der Zentralanstalt für Meteorologe und Geodynamik (ZAMG) in Wien blickt auf die letzten 48 Stunden in Österreich zurück: „So sind in den Nordalpen oberhalb von 1.800 m Seehöhe verbreitet 50 bis 100 cm Neuschnee zusammengekommen, vereinzelt sogar 150 cm. Die Lawinengefahr ist daher in vielen Regionen groß.“ Aber derzeit eben nur im Hochgebirge oberhalb von 1.800 m. Schneeregen, der möglicherweise im Osten Deutschlands und Österreichs auch in den Niederungen fallen kann, hat keine Chance länger liegen zu bleiben.

Quellen:

Teils große Regen- und Schneemengen. Pressemitteilung der Zentralanstalt für Meteorologie ind Geodynamik (ZAMG) vom 06.01.2013

Dipl.-Met. Christoph Hartmann: Die "Schneeliegenbleibgrenze". Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 06.01.2013

Erstellt am 7. Januar 2013
Zuletzt aktualisiert am 7. Januar 2013

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