Wetter

Die gefühlte Temperatur

von Holger Westermann

Um die Wirkung des Wetters auf die Gesundheit zu beschreiben ist die am Thermometer gemessene Temperatur nur wenig geeignet. Denn, das Temperaturempfinden eines Menschen hängt nicht nur von der tatsächlich herrschenden Lufttemperatur ab, die standardmäßig in 2 Meter Höhe gemessen wird, sondern auch von weiteren meteorologische Messgrößen wie beispielsweise der Windgeschwindigkeit und der Luftfeuchte. Es geht dabei um die physiologisch wirksame Temperatur, bei der die Menschen schwitzen oder überhitzen, bei der sie frösteln oder frieren.

Die gefühlte Temperatur entspricht nur dann der gemessenen Lufttemperatur, wenn man der Temperatur entsprechende Kleidung trägt, eine mittlere Luftfeuchtigkeit und Windstille herrscht und man sich zudem nur im Schatten aufhält. Durch die Strahlungswärme der Sonne und bei hohem Wasserdampfgehalt der Luft wird die Temperatur höher empfunden, bei Wind geringer. Vor allem im Winter sorgen Regen/Schneefall und Wind für einen zusätzlichen "Fröstelfaktor".

Im Deutschen Wetterdienst wird die gefühlte Temperatur nach dem Klima-Michel-Modell berechnet. Der Modellmensch „Klima-Michel“ ist ein etwas 35 Jahre alter Mann mit einer Körperhöhe von 1,75 m und einem Gewicht von 75 kg. Sein Wärmehaushalt ist hierbei im Wesentlichen von der Luftfeuchte, der Sonneneinstrahlung (inkl. Reflexionsstrahlung) und der Windgeschwindigkeit abhängig. Bei niedrigen Temperaturen und starkem Wind kann die Temperatur deutlich kühler empfunden werden, Sonne und Windstille können die gefühlten Temperaturen auch über die Lufttemperatur ansteigen lassen.

Der Behaglichkeits- oder Komfortbereich der gefühlten Temperatur beginnt bereits bei 0°C und reicht bis 20°C. innerhalb dieser Spanne gefühlter Temperatur kann eine angemessene Kleidung unangenehme Kälte- und Wärmereize weitgehend neutralisieren. Menschenswetter stützt seine Vorhersagen auch auf das Klima-Michel-Modell des DWD und gliedert die Biowetter-Vorhersagen nach dem DWD-Stufenmodell für die Behaglichkeitskategorien der gefühlten Temperatur. Die ZAMG hat diese bewährten Modelle für ihre Biowettervorhersage für Österreich übernommen.

Gefühlte Temperatur     Thermisches Empfinden     Thermophysiologische Beanspruchung

 < - 39°C                           sehr kalt                             extremer Kältestress
     -39°C bis -26°C                   kalt                                starker Kältestress
     -26°C bis -13°C                   kühl                             mäßiger Kältestress
     -13°C bis 0°C              leicht kühl                         schwacher Kältestress
         0°C bis 20°C                     behaglich                                  Komfort möglich
       20°C bis 26°C            leicht warm                        schwache Wärmebelastung
       26°C bis 32°C                     warm                            mäßige Wärmebelastung
       32°C bis 38°C                     heiß                                starke Wärmebelastung
    > 38°C                           sehr heiß                             extreme Wärmebelastung


Heute Morgen lagen die gefühlten Temperaturen zwischen -1°C in Koblenz (Rheinland-Pfalz, tatsächliche Lufttemperatur +3°C) und -9°C in Görlitz (Sachsen, tatsächliche Lufttemperatur -1°C). In höheren Berglagen wurden noch tiefere, gefühlte Temperaturen "registriert" und zwar z. B. -13°C auf dem Brocken (tatsächliche Lufttemperatur -4°C) und -19 Grad auf der Zugspitze (tatsächliche Lufttemperatur -9°C). So können die gesundheitswirksamen gefühlten Temperaturen sehr deutlich von den gemessenen Temperaturen abweichen. Deshalb spüren viele Menschen derzeit auch eine Kälte, die sich am Thermometer nicht ablesen lässt.

Quellen:

Dipl.-Met. Sabine Krüger: Gefühle in der Meteorologie. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 04.12.2012

Erstellt am 4. Dezember 2012
Zuletzt aktualisiert am 5. Dezember 2012

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