Senken Medikamente den systolischen Blutdruck unter 120 mmHg steigt das Risiko
Hypertonie-Therapie muss fein justiert werden
Auch zu niedrig eingestellter Blutdruck schädigt Herz und Kreislauf. Eine allzu forsche Blutdruck-Absenkung ist doppelt riskant: Einerseits steigt die Wahrscheinlichkeit zu Stürzen, weil Kreislauf und Muskelspannung versagen; anderseits sterben mehr Menschen als Herz-Kreislauf-Ereignissen als bei moderater Blutdruckregulation.
Das Motto „viel hilft viel“ ist ein weit verbreiteter Irrtum der Hypertonie-Therapie. Darauf weisen Forscher der Universität des Saarlandes (Saarbrücken, Deutschland) hin. Sie analysierten die Daten von 30.940 Patienten (Alter > 55 Jahre) aus zwei internationalen Langzeituntersuchungen (ONTARGET mit 25.127 Patienten und TRANSCEND mit 5.810 Patienten), wobei 70% der Patienten unter Bluthochdruck litten und entsprechende Medikamente erhielten.
Unter den Patienten, die durch Medikamente auf einen systolischen Blutdruckwert zwischen 120 und 140 mmHg eingestellt waren (und einem diastolischen von ca. 75 mmHg), war die Zahl der Herz-Kreislauf-Probleme (Angina pectoris Attacken) und der Todesfälle (Infarkte) deutlich geringer als bei Menschen mit dauerhaft zu hohem Blutdruck.
Bewirkte die Therapie jedoch eine Absenkung des systolischen Blutdrucks unter 120 mmHg (und einem diastolischen Wert unter 70 mmHg) lag das Risiko für eine Eskalation der Herz-Kreislauf-Probleme um 14% höher, die erkrankungsbedingte Sterblichkeit stieg sogar um 28%. Dabei waren Sekundäreffekte (Unfälle) durch Schwindel, Gangunsicherheit und geringer Muskelspannung sowie mangelhafte Durchblutung des Gehirns und der Sinnesorgane noch gar nicht berücksichtigt.
Die Forscher fordern daher ein sehr genaue Einstellung der Blutdrucksenkung mit Medikamenten, die in regelmäßigen Abständen und unter vielfältigen Lebenssituationen überprüft werden muss: „Das Festlegen einer Blutdruck-Untergrenze könnte daher sinnvoll sein“. Wichtig sei eine individuelle Therapie, die das Gesamtbild der Risiken berücksichtige. So könnten Patienten mit sehr hohem Schlaganfallrisiko durchaus von einer starken Blutdrucksenkung profitieren, die bei anderen Menschen mit erhöhtem Herzinfarktrisiko bereits negative Effekte mit sich bringt.
So reagieren manche Herz-Kreislauf-Patienten besonders sensibel auf Wetteränderungen. Bei allen Menschen ziehen sich bei Kälte die Adern zusammen; dadurch kann der Blutdruck stark ansteigen. Bei Hitze weiten sich die Adern und der Blutdruck sinkt. Je nachdem unter welchen Wetterbedingungen der Blutdruck eingestellt wurde, kann es nach einem Wetterwechsel zu einer übertrieben starken Blutdrucksenkung kommen, die als nachhaltige Gesundheitsbelastung wirkt.
Quellen: Böhm, M. et al. (2017): Achieved blood pressure and cardiovascular outcomes in high-risk patients: results from ONTARGET and TRANSCEND trials. The Lancet, online veröffentlicht am 05.04. 2017. doi: 10.1016/S0140-6736(17)30754-7.
Erstellt am 27. April 2017
Zuletzt aktualisiert am 27. April 2017

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