Wetter
Windmessung mit dem Doppler-Radar
Eine Serie kräftiger Frühjahrsstürme zerrt an der ergrünenden Vegetation und den Nerven verhinderter Frischluftaktiver. Regen und Wind erzeugen ein allzu garstiges Wettergefühl. Auch wenn der Orkan „Niklas“ inzwischen weiter gezogen ist, erfordert der Weg ins Freie weiterhin solide Standfestigkeit. Nachfolgende Tiefdruckgebiete ziehen mit Vehemenz heran und lassen die Schalen der Windmessgeräte rasant rotieren. Für eine präzise Bestimmung der Windgeschwindigkeit über die gesamte Atmosphäre hinweg, die Meteorologen für eine vertrauenswürdige Wetterprognose benötigen, sind diese Apparate nicht ausreichend aussagekräftig – dazu bedarf es des Doppler-Radars.
Die Winddynamik des Orkantiefs „Niklas“ bewirkte der Druckausgleich zwischen 971,4 hPa (Hektopascal) im Zentrum des Tiefs und einem Hochdruckgebiet über dem Nordostatlantik mit über 1035 hPa. Entsprechend groß war die Luftmasse und deren Geschwindigkeit, spürbar und messbar als starker Sturm garniert mit Orkanböen (> 118 km/h). So wurden auf der Zugspitze (Alpen, Bayern, Deutschland) 192 km/h gemessen, auf dem Brocken (Harz, Sachsen-Anhalt, Deutschland) 162 km/h, auf dem Feldberg (Schwarzwald, Baden-Württemberg, Deutschland) waren es maximal 151 km/h. Aber auch an der Nordseeküste (Spiekeroog, Niedersachsen, 140 km/h) und in den Tieflagen des deutschen Binnenlandes (Gütersloh, Nordrhein-Westfalen, 126 km/h; Potsdam, Brandenburg 120 km/h, München, Bayern 120 km/h) fegten schwere Orkanböen über die Landschaft.
Solche Wind- bzw. Sturmböen lassen sich nicht nur mittels vor Ort installierter Windmessgeräte direkt bestimmen. Eine weitere und weitreichendere Möglichkeit der Messung von Windgeschwindigkeit ist das Doppler-Radar. Wie bei einem normalen Radar zur Objekterkennung werden vom Radarstandort Serien kurzer elektromagnetischer Mirkowellenimpulse ausgesendet. Diese Impulse breiten sich mit annähernd Lichtgeschwindigkeit aus. Trifft er auf einen festen Körper (Streukörper), beispielsweise Niederschlags- oder Staubpartikel, auf Vogelschwärme oder Flugzeuge, wird ein bestimmter Anteil des Impulses zurückgestreut und am Radarstandort registriert. Aus der Zeit zwischen Aussendung des Impulses und Empfang des zurückgestreuten Teil-Impulses (Laufzeit) kann die Entfernung zum Streukörper berechnet werden. Die Stärke des zurückgestreuten Signals lässt Rückschlüsse auf die Niederschlagsart und -intensität zu.
Bei einem Doppler-Radar macht man sich einen physikalischen Effekt zunutze, der Rückschlüsse auf die Geschwindigkeit der Streukörper erlaubt. Der vom Radar ausgesendete Mikrowellenimpuls besteht aus Wellenbergen und –tälern. Die Anzahl von Wellen (Schwingungen) pro Sekunde beziffert die Impulsfrequenz in Hertz (Hz). Wird das Signal an einem ruhenden Streukörper reflektiert, empfängt man am Radarstandort den zurückgestreuten Anteil des Signals mit der gleichen Frequenz wie das gesendete Signal. Bewegt sich der Streukörper jedoch auf den Radarstandort zu, werden aufeinanderfolgende Wellenberge und -täler jeweils einen kleinen Moment früher zurückgestreut. Dadurch wird am Radarstandort im Vergleich zum gesendeten Signal in der gleichen Zeit eine höhere Anzahl an Wellenbergen und -tälern registriert - in der grafischen Darstellung der Frequenz erscheint der Effekt als Stauchung des Wellensignals.
Bei einem entgegenkommenden Streukörper ist die Frequenz des rückgestreuten Signals höher als die des gesendeten. Umgekehrt kommt es zu einer zeitlichen Dehnung des Signals, also einer Frequenzerniedrigung, wenn sich ein Streukörper vom Radarstandort entfernt. Diesen Effekt der Frequenzverschiebung bezeichnet man als Doppler-Effekt. Als akustisches Phänomen ist der Doppler-Effket schon Kindern vertraut: Das Signalhorn vorbeifahrender Polizei- oder Rettungswagen wird beim Nahen in höherer Tonlage wahrgenommen als nach der Passage.
Auch kleinste atmosphärische Streukörper können durch Bewegung einen solchen Doppler-Effekt erzeugen und das Mikrowellen-Radar kann die Frequenzverschiebung registrieren. Damit lässt sich die Windgeschwindigkeit, der eigentliche Antrieb der Streukörper, sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung messen. Deshalb lässt sich mit dem Doppler-Radar auch die Intensität von Fallböen bestimmen. Durch physikalische Tricks (unterschiedliche Impulsfrequenzen, Zeitmuster) können Streukörper in einem Umkreis von etwa 150 km um einen Radarstandort in verschiedenen Höhen detektiert werden. Anschließend werden die Daten zusammengetragen und gemeinsam ausgewertet. Auf dieser Grundlage können Meteorologen ein dreidimensionales Windbild der Atmosphäre erstellen.
Einerseits gestattet diese Datengrundlage den Meteorologen ein tieferes Verständnis der dynamischen Luftmassenbewegungen in der Atmosphäre. Wind weht eben nicht nur ebenerdig, wo die Wetterhäuschen stehen. Andererseits können so auch kurzfristig recht präzise Prognosen zu schweren Fallwinden und Orkanböen erstellt werden, die den Menschen helfen, sich vor der Wucht eines Frühlingssturms wie „Niklas“ rechtzeitig zu schützen.
Quellen: M.-Sc. Met. Sebastian Schappert und Dipl.-Met. Adrian Leyser: Windgeschwindigkeiten schneller als die Polizei erlaubt. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 30.03.2015
M.Sc. Met. Stefan Bach: Nach dem Orkan. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 01.04.2015
Erstellt am 4. April 2015
Zuletzt aktualisiert am 4. April 2015

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